Innerer Frieden: Ein Weg hin zum Gleichmut

Dr. Alireza Nurbakhsh

March 15, 2025

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Inneren Frieden zu erreichen ist das ultimative Ziel aller spirituellen Traditionen, auch wenn ihre Methoden sich unterscheiden mögen. Die Welt um uns herum ist unvorhersehbar, und nicht selten entwickeln sich die Ereignisse nicht so, wie wir es uns wünschen. Angesichts von Not und Unglück haben wir zwei Möglichkeiten: Wir können entweder zulassen, dass die äußeren Umstände unsere Emotionen diktieren, oder wir können einen Zustand des Gleichmuts kultivieren – einen inneren Frieden, der es uns ermöglicht, ausgeglichen zu bleiben und unsere Gefühle sogar inmitten der Herausforderungen des Lebens zu beherrschen.

Im Großen und Ganzen gibt es zwei grundlegende spirituelle Ansätze für inneren Frieden. Der erste kommt aus der stoischen Tradition, die eine rationale, philosophische Perspektive einnimmt. Der zweite ist der erfahrungsorientierte Ansatz, den man in den Lehren von Buddhisten und Sufis findet.

Die Stoiker betonen, wie wichtig es ist, zwischen dem, was wir kontrollieren können, und dem, was nicht in unserer Macht steht, zu unterscheiden. Wir sollten uns auf das konzentrieren, was wir beeinflussen können, während wir lernen, das zu akzeptieren, was außerhalb unserer Kontrolle liegt. So sollten wir beispielsweise danach streben, einen Arbeitsplatz zu finden und einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten – ein erreichbares und praktisches Ziel. Sich über die mögliche Auslöschung des Lebens durch einen Asteroideneinschlag Sorgen zu machen, ist jedoch sinnlos, da wir darauf keinen Einfluss haben.

Ein entscheidender Aspekt des stoischen Ansatzes für inneren Frieden ist die Fähigkeit, die Grenze zwischen dem, was wir kontrollieren können, und dem, was wir nicht kontrollieren können, richtig zu erkennen. Unabhängig davon, ob wir diese Unterscheidung immer richtig treffen, bleibt das grundlegende stoische Prinzip: Was auch immer geschieht - ob gut oder schlecht - muss akzeptiert werden, denn die Abläufe in der Welt liegen letztlich außerhalb unserer Kontrolle.

Diese Idee ist dem Sufi-Konzept Taslim sehr ähnlich, der Hingabe an Gott. Indem sich Sufis dem Göttlichen unterwerfen, erkennen sie an, dass wir keine wirkliche Kontrolle über die äußeren Ereignisse haben. Der Weg zu innerem Frieden beginnt damit, dass wir uns bereitwillig auf alles einlassen, was passiert, ob es nun Freude oder Leid bringt.

Im Gegensatz zum stoischen Ansatz, bei dem es in erster Linie um vernunftbasierte Akzeptanz geht, betonen die sufistischen und buddhistischen Traditionen jedoch einen praktischen und erfahrungsorientierten Weg zum inneren Frieden. Sie lehren, dass wahrer Frieden nicht nur dadurch kultiviert wird, dass man die Welt so akzeptiert, wie sie ist, sondern auch durch die Praxis liebender Güte: dass man allen Wesen Mitgefühl und Wohlwollen entgegenbringt, auch jenen, die uns vielleicht Unrecht getan haben oder unsere Freundlichkeit nicht zu schätzen wissen.

Im Sufismus sind Liebe und Güte nicht nur Leitprinzipien auf dem Weg zur Selbstreinigung, sondern auch wesentliche Bestandteile, um innere Ruhe zu erlangen.

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